Reisebericht 2019

Reisebericht von Isabelle Nordhausen, Inkota

Im Rahmen meiner jährlichen Projektbetreuungsreise besuchte ich unsere Partnerorganisation ODESAR in Nicaragua am 25. und 26. November 2019. Auf der diesjährigen Agenda standen v.a. drei Punkte: Besuch der von INKOTA und der Beining Stiftung seit vielen Jahren unterstützten Kooperative Javier Matus im Landkreis San Dionisio, eine Arbeitssitzung mit dem gesamten Projektteam im Ausbildungszentrum zur Evaluierung der Projektfortschritte sowie ein Besuch von Projektteilnehmenden in der Gemeinde El Jícaro 2 im Landkreis San Ramon, um mich selbst von den Projektfortschritten zu überzeugen. Im Folgenden möchte ich die wichtigsten Diskussionspunkte, Erkenntnisse und Eindrücke festhalten:

Arbeitssitzung mit der Kooperative Javier Matus; Informationen und Überlegungen zur Funktionsweise und Perspektiven der Kooperative

Die Kooperative besteht derzeit aus 48 Mitgliedern (22 Männern und 26 Frauen). Darunter gibt es jedoch 8 Personen, die inaktiv sind (tlw. aufgrund von Migration). 40 Mitglieder nehmen zwar an den monatlichen Versammlungen teil, darüber hinaus engagieren sich allerdings nur ca. 10 Personen regelmäßig und bringen die Kooperative voran. Dadurch geht viel Potential verloren. Außerdem wird es als ungerecht empfunden, dass die Mitglieder, die kaum Arbeitszeit einbringen, trotzdem den gleichen Nutzen aus der Kooperative ziehen. In manchen Fällen werden die Kinder von Mitgliedern in die Aktivitäten der Kooperative mit eingebunden. Manche Mitglieder kommen aus sehr abgelegenen Gemeinden und haben sehr schlechte Transportmöglichkeiten, was eine häufigere Teilnahme an Aktivitäten erschwert. Der Präsident der Kooperative, Sergio, sagt zu, dass sie die Situation der einzelnen Mitglieder im Detail analysieren werden und die Kooperativenmitglieder z.B. durch individuelle Besuche zur aktiven Teilnahme motiviert werden sollen. Ziel ist, die Mitglieder gleichermaßen in den Arbeitsplan zu integrieren, bzw. bei Desinteresse derzeitige Mitglieder zum Austreten zu bewegen, um ggf. anderen Interessierten die Möglichkeit der Teilnahme zu geben.

Die erzielten Einnahmen werden in die Kooperative reinvestiert und können derzeit die laufenden Betriebskosten für Buchhaltung, Wasser, Strom, Telefon, Wachmann und einige Reparaturen an den Einrichtungen gut abdecken. Im November 2019 lagen die Einnahmen bei ca. 71.000 Cordoba (entspricht 1.900 €). Die verschiedenen Vermarktungsstätten werden gut genutzt und die Nachfrage nach ihren Produkten ist weiter gestiegen. Es werden weiterhin die Produkte Honig, Knoblauchpaste, Achiote-Paste, Bohnen, Kaffee und Hibiskus vermarktet.

Das Grundstück der Kooperative wurde vergrößert, so konnte eine anliegende Fläche von 765 Quadratmetern zum Preis von 3.500 US-Dollar erworben werden. Bei der Suche nach einem passenden Grundstück wurden mehrere Angebote eingeholt und evaluiert. Die Kaufentscheidung wurde anhand folgender Kriterien getroffen:

  • Niedrigster Gesamtpreis; für die Lage üblicher Quadratmeterpreis.
  • Beste Lage, da direkte Erweiterung der bereits bestehenden Kooperativeninfrastruktur, Zugang mit einem Fahrzeug jederzeit möglich.
  • Diese 2 Kriterien waren bei keinem der anderen Angebote gegeben.

Im Rahmen des Projekts wurde auf dem erworbenen Grundstück eine Verarbeitungsstätte für Essiggurken, Achiote- und Knoblauchpasten sowie Tomatensaucen gebaut und im September 2019 fertiggestellt.

Reisebericht 2019

Arbeitssitzung mit dem Projektteam

Alle im Rahmen des Projekts vorgesehenen Aktivitäten wurden besprochen und es wurde geprüft, ob sie wie geplant durchgeführt werden: ODESAR berichtet, dass es bisher keine größeren Abweichungen von der Planung gibt. 2019 gab es gute Fortschritte insbesondere im Bereich Wiederaufforstung, Anlegen von Baumschulen sowie Erosionsschutzwällen (schon ca. 3.000 m Gesamtlänge!), Herstellung von organischen Düngemitteln, Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit und Ernteerträge, Errichtung von 25 Wassertanks zur Speicherung von Regenwasser für Familien mit besonders kritischem Zugang zu Wasser, Unterstützung von wirtschaftlichen Kleinstinitiativen von 29 Frauen durch den revolvierenden Fonds.

Im Bereich Vermarktungsstrategie gibt es jedoch noch immer keine Fortschritte, da für den ausgeschriebenen Honorarvertrag bisher keine Angebote eingegangen sind. Sie haben zugesagt die Ausschreibung noch einmal breiter zu streuen, auch gezielt qualifizierte Personen anzuschreiben und den Prozess schnellstmöglich voranzubringen!

Außerdem interessant: Die Universität UNAN ist auf das Ausbildungszentrum (CETRA) zugegangen, um die Möglichkeit zu besprechen, dass das CETRA künftig Studiengänge im Bereich Verwaltung, Agrarwissenschaften und Krankenpflege anbietet. Einzelheiten müssen noch geklärt werden, die Räumlichkeiten sind normalerweise jedoch bereits voll ausgelastet, eine Entscheidung wird erst im Laufe 2020 getroffen.

Strategieplan für CETRA befindet sich derzeit in der Erarbeitung. Eine Empfehlung ist, das ODESAR die ehrenamtlich arbeitenden Dozenten und Dozentinnen zumindest durch zusätzliche Urlaubstage kompensiert (0,5 Urlaubstag pro unterrichtetem Wochenende) und dadurch ein Anreizsystem schafft.

Gemeindebesuch von Projektteilnehmern und -teilnehmerinnen in El Jícaro 2, San Ramon

Die Projektteilnehmer und -teilnehmerinnen präsentierten stolz ihre große Diversität an Obst und Gemüse, selbst hergestellte organische Düngemittel, Regenwasserauffangbecken und Saatgutbanken. Positiv aufgefallen ist insbesondere der große Protagonismus von Frauen bei der Gemeindeversammlung und die guten Fortschritte bei der Herstellung von eigenem Gemüse-Saatgut. Es wurde mehrfach betont, dass die Wassertanks zur Speicherung von Regenwasser ihnen sehr geholfen hätten, da sie nun nicht mehr so weite Wege zum Wasserholen zurücklegen müssen und sie die Tanks außerdem nutzen, um Fische zu züchten und dadurch eine zusätzliche Nahrungsquelle haben sowie mehr Einnahmen verzeichnen.

Reisebericht 2019
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